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Kein Aprilscherz:
Schlüssellochjournalismus im Medienkarussell

Kommentar von Iris Noah

Was in der Berliner jüdischen Gemeinde mit ihren knapp 12.000 Mitgliedern vorgeht stößt auf gewaltige Resonanz bei den lokalen Medien, ob es nun die Auflösung der Repräsentantenversammlung der Gemeinde ist, die damit im September verbundenen Neuwahlen oder die Veränderungen im Sicherheitskonzept vor dem Gebäude der Neuen Synagoge in der Oranienburger Straße.

Ein vergleichbares Medieninteresse kann die sehr viel größere muslimische Community nicht verzeichnen. Wen interessiert es beispielsweise, ob einer der Moschee-Vorsitzenden eine Zusatzausbildung absolviert hat? Niemand - warum auch? Als der damalige Gemeindevorsitzende Dr. Andreas Nachama vor etwa 2 ½ Jahren eine Ordination zum Rabbiner (Semicha) erhielt, gab es keine Lokalzeitung, die nicht darüber zumindest eine Kurznotiz veröffentlicht hätte, obwohl wir aus dem Tagesspiegel erfuhren, daß diese Ordination keine Erweiterung seines Qualifikationsprofils darstelle, da er schon eine andere habe. Kurz vorher war von der Berliner Morgenpost noch verlautbart worden, Andreas Nachama strebe keinen Rabbinertitel an.

Es war kein Aprilscherz als es um den 1. April gewaltig im lokalen Blätterwald rauschte und auch die meisten Hörfunkstationen sich darüber verbreiteten, daß der Kultusdezernent der jüdischen Gemeinde Rabbiner Dr. Andreas Nachama von der Predigerliste der Synagoge Hüttenweg gestrichen habe. Am 2. April titelte die sonst eher moderat und sachlich berichtende taz: "Andreas Nachama kaltgestellt" und erläuterte: "Liberaler Rabbiner steht nicht mehr auf den Predigerlisten der Jüdischen Gemeinde. Hintergrund ist offenbar der Dauerstreit mit orthodoxem Vorstand"

"Es geht um die letzte Bastion des liberalen Judentums in Berlin." wird Andreas Nachama zitiert. Warum so dramatisierend - mag man sich dabei fragen? In Berlin gibt es reichlich liberale Aktivitäten u.a. seit April 1998 die egalitäre Synagoge in der Oranienburger Straße. Daß diese damals in Berlin neue Form des Gottesdienstes von der Gemeinde unterstützt wurde und sich etablieren konnte, ist maßgeblich auch dem Engagement des damaligen Gemeindevorsitzenden Andreas Nachama zu verdanken und auch daß das Gemeindezentrum Räume für jüdische Aktivitäten zur Verfügung zu stellen begann, die keine genuinen Gemeindeaktivitäten sind (Bet Debora Konferenz, Tagung von Yachad für jüdische Schwule und Lesben etc.).

Wenn nun das ehrenamtliche Engagement als Rabbiner von Andreas Nachama im Hüttenweg - dem jüngsten "Kind" der Berliner Synagogenlandschaft und von daher vielleicht zeitlich "letzten Bastion" - nicht (mehr) über die Predigerliste bekanntgegeben wird, dann ist das eigentlich normal, denn üblicherweise wird über diese Liste - nicht nur in der Berliner Gemeinde - verhandelt, welche/r hauptamtliche Rabbiner/in oder Kantor/in amtiert.
Daß Andreas Nachama mit seinem ehrenamtlichen Engagement in diese Predigerliste gekommen ist, mag damit zusammenhängen, daß er zur Zeit seiner Ordination Gemeindevorsitzender war und auch für die Kultusangelegenheiten verantwortlich.

Wenn nun Jahre später mitten in der Amtszeit des nächsten Gemeindevorsitzenden und eines neuen Kultursdezernenten der Gemeinde (immer noch) kein Ausbildungsnachweis vorliegt, so ist das einigermaßen erstaunlich. Die Verfasserin dieser Zeilen, die einmalig für eine Gemeindegruppe russischer Juden einen Vortrag hielt, sollte - um den Erfordernissen der Gemeindeverwaltung genüge zu tun - einen 3 ½ seitigen Fragebogen ausfüllen, in dem der Ausbildungsverlauf detailliert zu benennen war und auch nach der Religionszugehörigkeit des Partners gefragt wurde.

Was aber hält den Kultusdezernenten ab, die Vorlage entsprechender Ausbildungsnachweise von Andreas Nachama zu erbitten? Statt dessen wird Nathan Del in der Presse zitiert, daß er nicht einmal wisse, ob Andreas Nachama Rabbiner sei. Daß manche der Repräsentanten nicht (mehr) miteinander reden ist inzwischen sogar im gemeindeeigenen Monatsblatt „jüdisches Berlin" nachzulesen. Statt Kommunikationsschwierigkeiten zu beheben und sich nötigenfalls professionelle Hilfe in Form von Organisationsberatung und Supervision zu holen, werden die Medien eingespannt oder andere „Boten" in Marsch gesetzt.

Hier spielen sich nun eine Presse, die jeden gemeinde-internen jüdischen Schnaufer berichtenswert findet und einzelne Gemeindevertreter, die darum zu konkurrieren scheinen, wer nun am häufigsten in den Medien zitiert wird, in die Hand. Bleibt uns und ihnen zu wünschen, daß sie zukünftig die richtige Balance finden mögen zwischen ihren Selbstdarstellungsbedürfnissen und dem, was der Gemeinde zuträglich ist und dabei auch noch die Grenzen des (guten) Geschmacks zu wahren vermögen.

Am 9. April um 14.50 h wird über einen email-Verteiler der jüdischen Gemeinde - unterschrieben mit "Andy" - um die Veröffentlichung folgender Notiz gebeten:

Gemeinde entschuldigt sich

Der Kultusdezernent der Jüdischen Gemeinde, Natan Del, hat sich am Dienstag beim liberalen Rabbiner Andreas Nachama entschuldigt. In einer von Nachama geforderten Erklärung bestätigte Del, dass Nachama die notwendigen Zeugnisse für das Amt eines Rabbiners besitze. Der Streit war eskaliert, nachdem Del öffentlich gefragt hatte, ob Nachama überhaupt Rabbiner sei. Der Kultusdezernent hatte Nachama ohne Vorankündigung von den Predigerlisten der Synagogen Hüttenweg und Herbartstraße gestrichen. Die Beter der Synagogen hatten gegen dieses Vorgehen beim Gemeindevorstand protestiert. Nachama sprach von einem Teilerfolg. Unklar war am Dienstag, ob Del den Rabbiner wieder in die Gottesdienstlisten aufnimmt

hagalil.com 14-04-03

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