Berlinale
2004:
Lalechet al HaMaim – Walk
on Water
Von Gudrun Wilhelmy
Das Interesse an dem Film von
Eytan Fox war überwältigend. Für die Weltpremiere seines Films auf der
Berlinale 2004 zur Eröffnung des 19. Internationalen Forums des jungen Films
reichte ein Kino nicht aus und es wurde noch ein zweites für eine
Parallel-Vorstellung bereitgestellt.
Es ist die Geschichte eines
Geschwisterpaares aus einer Täterfamilie. Die Schwester weiß darum und geht
in einen Kibbuz. Der Sohn weiß davon nichts und ist einfach nur harmlos und
sozial engagiert, trotz seiner reichen Eltern. In Israel wird ein
Mossad-Agent auf sie angesetzt, der sich als Touristenführer verdingt und
ihren Großvater, einen vielfachen Mörder von Juden, umbringen soll.
Oder soll man die Geschichte so
erzählen, dass ein Überlebender und führender Mossad-Agent einen Judenmörder
umbringen lassen will und dabei professionelles Vorgehen und persönliche
Rache nicht zu trennen in der Lage ist?
Vielleicht ist es auch die
Geschichte eines Menschen, der gelernt hat keine Gefühle zu zeigen und
ausgerechnet die Begegnung mit dem harmlosen jungen Deutschen, der auch noch
schwul ist, bringt ihn dazu, seine emotionale Panzerung zu verlassen.
Lior Ashkenazi und Knut Berger, Szene am Toten Meer
Oder ist es die Geschichte von
Menschen in einem Land, das von Selbstmordattentaten erschüttert wird, wo
deshalb die Einnahmequelle Tourismus versiegt und das Leben trotzdem
weitergeht mit Disko, Folklore-Tänzen und wo Touristen in die feindseligen
Aktionen hineingezogen werden?
Eytan Fox hat in diese brisante
Geschichte zu viel hineingepackt und sich die Dramatik durch ein
unglaubhaftes Happy-End verdorben, denn sein Film gewinnt an Dichte und
Überzeugung gerade in den Entscheidungsmomenten gegen Ende des Films. Knut
Berger überzeugt in der Rolle des naiven und gutmütigen Axel ebenso wie Lior
Ashkenazi in der des Mossad-Agenten. Er stellt ihn als einen Menschen dar,
der scheinbar unbeteiligt bleibt und sich durch Schroffheit einer allzu
große Nähe zu anderen widersetzt. Wenig überzeugend Caroline Peters als Pia
und Axels in einem Kibbuz lebende Schwester, während Carola Regnier in ihrer
Rolle als feine Dame begeistert.
Knut Berger, Carolina Peters und Lior Ashkenazi
Der Film ist mit zu vielen
Problemen überfrachtet und dadurch geraten die Figuren etwas flach und
entwickeln zu wenig Charakter. Der Einführungskurs in schwules Sexualleben
ist überflüssig wie auch die Szene mit den Glatzen
Was an israelischen Filmen immer
wieder auffällt ist zum einen, dass sie eher durch eine nicht professionell
wirkende Inszenierung einer in der Regel auffallend guten Story bestehen.
Das Besondere an den Filmen ist, dass sie gleichsam so privat wirken
(gleiches lässt sich von Broken Wings sagen), als wäre die Kamera nicht vor
Schauspielern sondern mitten in der Wirklichkeit – ein Plus für
Dokumentationen, ein Minus bei narrativem Kino. Gegen Ende des Films kippt
er und nimmt durch seine Geschichte gefangen.
Regie: Eytan Fox
Israel, 104 '
Wiederholung:
7. Februar 18.00 h im Cinestar
Filme zu jüdischen Themen, Israel / Nahost
und Minderheiten finden Sie
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06-02-04
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