ESRIEL
HILDESHEIMER (1820 - 1899)
Esriel
Hildesheimer wurde in Halberstadt, einem wichtigem Zentrum jüdischen
Lernens geboren. Viele seiner Vorfahren waren Rabbiner, und er erhielt
eine traditionelle jüdische Erziehung. Neu war jedoch, daß die jüdische
Schule, die er besuchte, auch säkulare Bildungsinhalte vermittelte. An
der Berliner Friedrich-Wilhelm-Universität studierte er semitische
Sprachen, Philosophie, Geschichte und naturwissenschaftliche Fächer. In
Halle promovierte er mit der Themenstellung: „Die richtige Methode der
Bibelübersetzung" über die Septuaginta.
1851 wurde Esriel Hildesheimer Rabbiner in Eisenstadt
(Österreich-Ungarn). Dort organisierte er das jüdische Schul- und
Erziehungswesen neu und gründete eine Jeschiwa, zu derem Lehrplan auch
säkulare Fächer gehörten. Diese Ausbildungseinrichtung war äußerst
erfolgreich und zog Studierende aus ganz Europa an. Trotzdem wurde er
heftig bekämpft. Den Reformern war er zu traditionell, und den
Exponenten der Ultra-Orthodoxie war er zu modern.
Deshalb kam ihm ein Ruf aus Berlin sehr gelegen. Er wurde Rabbiner der
neu gegründeten orthodoxen Austrittsgemeinde
Adass Jisroel. 1873 konnte er ein Rabbinerseminar gründen, das zur
führenden Ausbildungseinrichtung für orthodoxe Rabbiner in Europa wurde.
Kennzeichen dieser „modernen Orthodoxie" - auch Neo-Orthodoxie - war es,
daß ihre Form orthodoxen Lebens mit einem wissenschaftlichen
textkritischen Umgang mit den Quellentexten der jüdischen Tradition war.
Im Gegensatz zu anderen Exponenten der Orthodoxie betonte Esriel
Hildesheimer die Wichtigkeit, mit Reformkräften zusammenzuarbeiten und
zwar im Hinblick auf die Bekämpfung des Antisemitismus. Ansonsten
bekämpfte er die Reformbewegung heftig, weil sie seiner Meinung nach dem
Judentum schadete.
Für in Not geratene jüdische Gemeinden in der ganzen Welt engagierte er
sich u.a. durch Spendensammlungen. Auch die Hilfe für Opfer der Pogrome
im zaristischen Russland ab 1882 lag ihm im Hilfsverein der deutschen
Juden, zu dessem Leitungsgremium er gehörte, sehr am Herzen. Als
Einziger unterstützte er auch die, die nach Palästina wollten.
1872 gründete er einen Palästinaverein, dessen Hauptziel es war, die
Bedingungen im Schul- und Erziehungswesen der Jerusalemer Juden zu
verbessern, wozu auch die Einrichtung eines Waisenhauses gehörte.
Er schrieb auch regelmäßig für verschiedene Zeitschriften, darunter auch
die von ihm gegründete „Jüdische Presse". Er publizierte „Halachot
gedolot" und einige kleinere rabbinische Werke, meist als Beilagen des
Jahresberichts des Rabbinerseminars.
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