Denkmal am Bebelplatz:
Bagger buddeln Bibliothek frei
Nach dem Gedenken zum 70. Jahrestag der
Bücherverbrennung wird der Bebelplatz im Mai zur Baugrube für
Tiefgarage. "Bibliothek" bleibt erhalten, Kritiker fürchten Schaden.
Man kann es als einen unglücklichen Zufall
bezeichnen oder Gedankenlosigkeit nennen. Wenige Tage nach dem 70.
Jahrestag der Bücherverbrennung durch die Nazis am 10. Mai 1933 sollen
jetzt die Bagger auf den Bebelplatz rollen. Nach jahrelangem Gezänk um
den Standort will das Münchener Unternehmen Wöhr & Bauer mit dem Bau der
umstrittenen Tiefgarage beginnen. Während das Land und der Bezirk ihr
Einverständnis zum Bau der 450 unterirdischen Stellplätze gaben, sehen
Künstler und Denkmalexperten im Zusammentreffen von Baumaßnahme und
späterer Autogarage sowie dem dortigen Mahnmal "Bibliothek" des
israelischen Künstlers Micha Ullman eine Entweihung seiner Denkmalidee.
Ullman hatte 1994 die "Bibliothek" als leeren
unteridischen Raum konzipiert, der den Bebelplatz in seiner historischen
Gestalt belässt. Der unbetretbare Raum mit ausgeräumten Bücherregalen am
authentischen Ort der Bücherverbrennung ist durch eine Glasplatte
einsehbar und symbolisiert eine "tiefe Verlustsituation unserer Kultur",
so der Künstler. Ullman hatte nach der Entscheidung für die
Unterkellerung des Bebelplatzes damit gedroht, sein Raumskulptur
"zurückzuziehen".
Nach Auskunft der Baufirma soll die
"Bibliothek" während der gesamten Zeit in der großen Baugrube
verbleiben. "Das Mahnmal wird in seiner Position nicht verändert", sagte
Stephan Keil, Projektleiter der Tiefgarage, zur taz. Zu der schwierigen
Vorgabe der Bauverwaltung sei die "günstige Konstellation" gekommen,
dass die einstigen Spundwände, die beim Bau des Mahnmals um den
Ullman-Raum gezogen wurden, noch erhalten seien.
Die Ummantelung erleichtere die Sicherung der
"Bibliothek", so Keil. Um mögliche Beschädigungen - auch der
Nachbargebäude - zu vermeiden, würden täglich Prüfungen durchgeführt.
Architekten hatten die Befürchtung geäußert, dass neben Problemen mit
der Statik Grund- und Kondenswasser das Denkmal beeinträchtigen könnten.
Der öffentliche Zugang zum Mahnmal werde
während der fast zweijährigen Bauzeit nicht möglich sein, erklärte der
Projektleiter. Die acht Meter tiefe Grube "nimmt fast den ganzen
Bebelplatz ein". Nach Abschluss der 20 Millionen Euro teuren Investition
Ende 2004 soll der historische Platz wieder original rekonstruiert
werden - zuzüglich zweier Zufahrten an der Behrenstraße, sagte Petra
Reetz, Sprecherin der Bauverwaltung. Der Mittelstreifen Unter den Linden
würde dann für Parker gesperrt.
Nach Ansicht von Keil bedeute der Ort für die
Firma keine normale Baustelle. Die "emotionale" Reaktion Ullmans sei
"durchaus nachvollziehbar". Zum Gedenken an die Bücherverbrennung am
10. Mai organisiert Wöhr & Bauer eine Veranstaltung mit Lesungen vor
Ort. Danach rollen die Bagger am Bebelplatz.
ROLA
taz muss
sein - Was ist Ihnen die Internetausgabe
der taz wert? Sie helfen uns, wenn Sie diesen Betrag überweisen auf:
taz-Verlag Berlin, Postbank Berlin (BLZ 100 100 10), Konto-Nr. 39316-106
© Contrapress media GmbH
Vervielfältigung nur mit Genehmigung des taz-Verlags
Einsteigen bitte!
Grunewaldrampe Gleis 17
Grunewald hat zwei
Bahnhöfe. Der eine hat vier Bahnsteige, davon sind zwei in Betrieb. Alle
zehn Minuten fährt ein Zug Richtung Potsdam oder Westkreuz. Moderne
Züge, sanierte Gleise, modernisierte Bahnhöfe...
An-Sichten eines Rabbiners:
Blut auf der
Strasse
Wie empflindlich muss man in Berlin
sein? Wie empfindlich darf man sein, in Berlin? Ist normales Leben
möglich? Wenn ja, kann ich dann bitte einen Teil davon haben? Und wenn
nicht - wie lang muss man warten, bis man nicht mehr so empfindlich
ist?...
An-Sichten eines Rabbiners:
Ein
Zug in die Vergangenheit
Alle paar Wochen im Sommer, und auch zu anderen
Gelegenheiten, macht ein ganz besonderer Dampfnostalgiezug eine Fahrt
durch oder rund um Berlin...
|