Das
Holocaust-Denkmal
und andere Denkmale
in Berlin
Konzepte und Formen des Erinnerns
Nur wenige Minuten vom Brandenburger Tor entsteht das "Denkmal für
die ermordeten Juden in Europa" wie es offiziell heißt, allgemein
"Holocaust-Denkmal" genannt. Der über 10jährige Diskussionsprozess
wurde Ende der 80iger Jahre von der Publizistin Leah Rosh
(eigentlich Edith Rohs) initiiert, um an die 6 Millionen Juden aus
Polen, der Sowjetunion, Rumänien, der Tschechoslowakei, Ungarn,
Deutschland, Frankreich, den Niederlanden, Jugoslawien,
Griechenland, Belgien, Österreich, Italien, Bulgarien, Luxemburg,
Dänemark und Norwegen, die deportiert und in den
Konzentrationslagern ermordet wurden, zu erinnern.
zur Chronologie
Im September 1988 gründet sich der "Förderkreis zur
Errichtung des Holocaustmahnmals".
Im Mai 1994 wird ein künstlerischer Wettbewerb zur
Errichtung eines Mahnmals ausgeschrieben.
1 200 Wettbewerbsteilnehmer reichen Entwürfe ein.
1995 vergibt die Jury im März zwei erste Preise an den
Architekten Simon Ungers und an die Künstlergruppe um Christine
Jackob-Marks. Im Juni einigt sich die Jury auf den Vorschlag von
Jackob-Marks, bei dem eine 20 000 Quadratmeter große und schiefe
Ebene vorgesehen ist. Die Namen aller Holocaustopfer sollen
eingemeißelt werden.
Im Juli 1995 bezeichnet der damalige Bundeskanzler
Helmut Kohl das Mahnmal als nicht akzeptabel. Der Senat verschiebt
eine Entscheidung auf 1996.
1997 werden schließlich 25 Künstler und Künstlerinnen
gebeten, neue Entwürfe vorzustellen. Im November werden vier Sieger
ausgewählt - darunter Peter Eisenman.
1998 beschließt die neu gewählte rot-grüne Bundesregierung, dass der
Bundestag über den Bau des Mahnmals entscheidet.
Am 25. Juni 1999 beschließt der Bundestag mit
deutlicher Mehrheit das Mahnmal und den Entwurf von Peter Eisenman.
Er erhielt den Zuschlag für ein Stelenfeld, das ursprünglich aus
4000 unterschiedlich hohen und verschieden geneigten Betonpfeilern
bestehen sollte. Es wurde auf 2700 Stelen reduziert.
Das Mahnmal soll um einen "Ort der Information" ergänzt werden. Noch
im gleichen Jahr entsteht eine Stiftung
Im Herbst 2001 war Baubeginn und im Frühjahr
2004
sollte es fertig sein. Es wird eine Gesamtfläche von mehr als 20 000
Quadratmetern einnehmen.
Vor lauter Konzentration auf dieses
zentrale Denkmal wird oft vergessen, dass es in Berlin - wo 1933 170 000
Juden lebten - sehr viele Denkmäler gibt, die auf sehr vielfältige Weise
die Diskriminierung, Verfolgung, Vertreibung und Ermordung der Juden in
Berlin thematisieren. Viele sind öffentlich und leicht im Stadtraum zu
finden. Andere entspringen privater Initiative und sind gelegentlich an
sehr verborgenen Orten. Steine, Tafeln, Skulpturen, Installationen und
andere künstlerische Gestaltungsformen verweisen auf Wohn- und
Wirkungsorte vertriebener und ermordeter jüdischer Berliner, ehemalige
Synagogen, jüdische Institutionen und Deportationssammellager und - sehr
selten - auf Widerstandsaktivitäten.
Diese Entwicklung setzte Mitte der 80iger
Jahre ein. Die Zeit davor war vom Schweigen über die Vernichtung von 6
Millionen europäischen Juden geprägt.
Erst im Januar 2002 wurde die
Ausstellung "Holocaust - Der
nationalsozialistische Völkermord und die Motive seiner Erinnerung" in
Berlin eröffnet, die über Deportation und Ermordung der Juden Europas
informiert und Formen der Erinnerung nach 1945 dokumentiert.
Die Konzeptionen dieser Denkmale sind sehr unterschiedlich. Sie stammen
aus ganz verschiedenen Epochen der Nachkriegszeit. Meist sagt ein
Denkzeichen sehr viel mehr über diejenigen aus, die gedenken als über
die, derer gedacht werden soll. So kann man Denkmäler unter folgenden
Fragestellungen betrachten:
- welche Aspekte der Erinnerung sind zu welcher Zeit im Vordergrund bzw.
im Hintergrund?
- welche Perspektive wurde gewählt?
- welche künstlerischen Mittel wurden gewählt ?
- was wird gesagt ?
- was wird nicht verschwiegen, verschleiert, verfälscht oder mit Tabus
belegt ?
Klar ist, dass man mit einem Denkmal immer eine Auswahl dessen trifft, was
man thematisiert und was zur gleichen Zeit nicht thematisiert wird. Das
gibt Aufschluss über die jeweiligen Themen der Erinnerung und das
dahinter stehende Geschichtsbild und die Mythen, die daraus entstanden
sind (z.B. "saubere Wehrmacht", "man konnte nichts tun", "wir haben
nichts gewusst" oder "wer sich eingemischt hat, kam selber ins KZ"
etc.).
Eine Auswahl unterschiedlicher Denkmäler in
den verschiedenen Bezirken von Berlin stellen wir auf dieser Seite vor,
die in den nächsten Monaten kontinuierlich erweitert wird. Die
verwendeten Abbildungen sind - wenn nicht anders angegeben - aus dem
reichhaltigen Archiv von Michael Eun zur Verfügung gestellt worden.
Bilder: Michael Eun
Jüdisches Gemeindehaus Fasanenstrasse:
Die zerbrochene
Torahrolle
Wo heute das jüdische Gemeindehaus steht, befand
sich früher die liberale Synagoge Fasanenstrasse. Sie war die erste
Synagoge außerhalb von Alt-Berlin, hatte 1720 Plätze und wurde am 26.
August 1912 eingeweiht...
Einsteigen bitte!
Grunewaldrampe Gleis 17
Grunewald hat zwei
Bahnhöfe. Der eine hat vier Bahnsteige, davon sind zwei in Betrieb. Alle
zehn Minuten fährt ein Zug Richtung Potsdam oder Westkreuz. Moderne
Züge, sanierte Gleise, modernisierte Bahnhöfe...
An-Sichten eines Rabbiners:
Blut auf der
Strasse
Wie empflindlich muss man in Berlin sein? Wie empfindlich
darf man sein, in Berlin? Ist normales Leben möglich? Wenn ja, kann ich
dann bitte einen Teil davon haben? Und wenn nicht - wie lang muss man
warten, bis man nicht mehr so empfindlich ist?...
An-Sichten eines Rabbiners:
Ein
Zug in die Vergangenheit
Alle paar Wochen im Sommer, und auch zu anderen
Gelegenheiten, macht ein ganz besonderer Dampfnostalgiezug eine Fahrt
durch oder rund um Berlin...
Eine Ausstellung und ein Buch:
Jüdische
Berliner - Leben nach der Schoah
Die vierzehn Interview-Partner sind ein Bruchteil der rund 1.500 Juden,
die sich für Berlin als Lebensort nach der Schoa entschieden hatten. Die
Tonband-Interviews mit Portrait-Fotografien von Elke Nord, sind für
viele eine Erinnerung an erlittenes Leid, aber auch an erfahrene
Solidarität...
Erich Hartmann, Photograph und Autor:
Ein verspäteter Liebesdienst
Gegen Ende seiner beruflichen Laufbahn, kurz vor dem 50.
Jahrestag der Befreiung der letzten Konzentrations- und
Vernichtungslager, unternahm Erich Hartmann eine Reise zu den Resten der
Lager...
Mehr bürgerschaftliche Erinnerung:
Üben für Kranzabwurfstellen
Anlässlich des Gedenktages für die NS-Opfer fordern
Erinnerungsexperten in Berlin neue Formen für Gedenktage und -stätten:
für weniger staatlich verordnete und mehr bürgerschaftliche
Erinnerung...
Eindrücke von einem Besuch am Mahnmal:
Ein neuer
Spielplatz für Berlin?
Seit zwei Wochen ist das Berliner Denkmal für die ermordeten Juden Europas
für die Öffentlichkeit zugänglich...
Roter Wedding, Rosa und Karl:
Geschichtstourismus
auf den Spuren des Kommunismus in Berlin
Berlin war als klassische Industriemetropole des 20. Jahrhunderts eine
derjenigen europäischen Städte, die von der radikalen Arbeiterbewegung
am stärksten geprägt wurde. Wer heute nach den Spuren dieser turbulenten
Zeit sucht, nach baulichen Überresten, Denkmälern oder Museen, wird
hauptsächlich im Osten fündig...
Ein wachsender Geschichtstourismus auf den Spuren des Nationalsozialismus:
Die Stadt als
Freilichtmuseum
Berlin verfügt über eine Vielzahl von
authentischen Stätten der nationalsozialistischen Geschichte. Obwohl
Berlin nie Hochburg des Nationalsozialismus war, sorgte seine
Hauptstadtfunktion für eine beispiellose Zusammenballung von
Kultarchitektur, Funktionsbauten und politischen Entscheidungszentren
des "Dritten Reiches." Diese Objekte sind zum großen Teil im Krieg
zerstört worden. Was sich erhalten hat, wurde teils museal aufbereitet,
teils neuen Nutzungen ausgesetzt...
Ein letzter Gruß an die Basis:
Das Berliner
"Denkzeichen für Rosa-Luxemburg" als geschichtspolitisches Projekt
Mit dem Eintritt der SED-Nachfolgepartei PDS in die Berliner
Landesregierung vor fünf Jahren setzte wieder eine vorsichtige Verehrung
kommunistischer Helden in der deutschen Hauptstadt ein...
Haus der Wannsee-Konferenz:
Neue
Ausstellung - Überwältigungsverbot
64 Jahre nach der
Wannsee-Konferenz wurde am 19. Januar im Haus der Konferenz eine
überarbeitete Dauerausstellung eröffnet. Zur Eröffnung würden sich, so
formulierte es Yehuda Bauer, die Teilnehmer der Wannsee-Konferenz von
1942 sicher nicht so gerne eingefunden haben. Wahrscheinlich sogar zögen
sie es vor lieber weiter in der Hölle zu schmoren, als in dem ehemaligen
Gästehaus der SS, dem Vortrag eines Juden aus einem freien jüdischen
Staat zuzuhören...
Abschied für immer:
Neues Denkmal zur Erinnerung
an Kindertransporte
Vor 70 Jahre, am 1. Dezember 1938 fuhr der
erste Kindertransport vom Anhalter Bahnhof mit 196 jüdischen Kindern nach
London. Kein Urlaub, keine Ferienreise - sondern der Beginn einer
Rettungsaktion für ca. 10.000 jüdische Kinder, die bis zum Beginn des
Zweiten Weltkrieges andauerte...
[Eisenbahnschienen]
[Stacheldraht]
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